Zukunfts- und Sozialtarifvertrag bei Ardagh in Weißenthurm erfolgreich verhandelt

13.11.2023 | Die IG Metall Koblenz und das Unternehmen Ardagh Metall Packaging in Weißenthurm haben eine Einigung über einen Zukunfts- und Sozialtarifvertrag erzielt

Der Hintergrund dieser Vereinbarung liegt darin, dass das Unternehmen im Juni dieses Jahres beschlossen hat, die Stahldosenlinien bis zum Ende des laufenden Jahres stillzulegen. Dieser Schritt hätte den betriebsbedingten Abbau von insgesamt 145 von den rund 380 Arbeitsplätzen zur Folge gehabt. Aufgrund rechtlicher Gegebenheiten konnten die IG Metall und der Betriebsrat die unternehmerische Entscheidung zur Stilllegung nicht verhindern. Dennoch gelang es in intensiven Verhandlungen, ein umfassendes Maßnahmenpaket sowohl im Zukunftstarifvertrag für die verbleibenden Beschäftigten als auch im Sozialtarifvertrag für die betroffenen Beschäftigten zu schnüren. Dieses Paket wurde am 9. November 2023 auf der Betriebsversammlung detailliert vorgestellt.

Ali Yener, Erster Bevollmächtigter und Verhandlungsführer der IG Metall, kommentierte die Vereinbarung: "Aus Sicht der IG Metall fehlte in der Entscheidung des Unternehmens vom Juni dieses Jahres eine Perspektive für die am Standort verbleibenden Beschäftigten. Der am 9. November unterzeichnete Zukunftstarifvertrag schafft nun eine Zukunftsperspektive für die Beschäftigten in Weißenthurm."

Der Zukunftstarifvertrag sichert den Mitgliedern der IG Metall am Standort Weißenthurm eine Arbeitsplatzgarantie bis zum 31. Dezember 2027 zu. Er legt die Grundlagen für zukünftige Investitionen in weitere Aluminium-Linien und setzt das bestehende 5-Schichtsystem mit festgelegter Schichtbemessung fort. Durch die getroffenen Maßnahmen verringert sich der geplante Stellenabbau von 145 auf 104,5 Arbeitsplätze. Das Ziel ist es, diesen Personalabbau vorrangig durch freiwillige Interessenbekundungen der Beschäftigten umzusetzen, um betriebsbedingte Kündigungen zu minimieren oder sogar gänzlich auszuschließen. Die Konditionen des Stellenabbaus und das Freiwilligenpaket wurden ebenfalls im Rahmen des am 9. November 2023 unterzeichneten Sozialtarifvertrags festgelegt.

„Leider haben Gewerkschaften und Betriebsräte bei unternehmerischen und strategischen Entscheidungen der Unternehmen in der aktuellen Rechtsordnung in Deutschland keine Mitbestimmung. Mit dem enormen Rückhalt unserer IG Metall-Mitglieder konnten wir dennoch die Höhe des Abbaus verringern und die materiellen Bedingungen nach den Bedürfnissen der betroffenen Beschäftigten gestalten“, beurteilt Ali Yener das Gesamtpaket und fügt kämpferisch hinzu: „Alle politischen Parteien, die ein Interesse an einem starken Wirtschaftsstandort Deutschland und guten Industriearbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung haben, fordere ich auf, sich entschieden für die gesetzliche Verankerung der wirtschaftlichen Mitbestimmung für Gewerkschaften einzusetzen.“

Die Regelung im Detail:

Die Gesamtabfindung im Sozialtarifvertrag setzt sich aus einer Grundabfindung von 5.000 €, einer Abfindung von 10.000 € für IG Metall-Mitglieder, einer Faktorabfindung von 1,3 x Monatsentgelt x Beschäftigungsjahre, einer zusätzlichen Abfindung von 2.500 € pro Kind und bei Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung von 5.000 € zusammen. Für Jahrgänge bis einschließlich 1962 gibt es ein Sonderprogramm, das die Verdienstmöglichkeiten bis zur Regelaltersrente berücksichtigt. Transferleistungen in diesem Zeitraum werden nur mit dem Faktor 0,5 verrechnet. Auch rentennahe Jahrgänge erhalten eine Zusatzabfindung von 10.000 €, sofern sie Mitglied der IG Metall sind. Befristet Beschäftigte erhalten für je volle sechs Monate Betriebszugehörigkeit eine Abfindung von 850 €. Zudem wird allen betroffenen Beschäftigten die zweite Rate der Inflationsausgleichsprämie von 1.500 € brutto für netto ausgezahlt.

Beschäftigte, die freiwillig oder ggf. betriebsbedingt ausscheiden, haben die Möglichkeit, zum 1. Januar 2024 bzw. für 30 Beschäftigte zum 1. Mai 2024 in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Die Transfergesellschaft ermöglicht einen Übergang mit Unterstützung und Qualifizierung bis zur Anschlussbeschäftigung. Bei einer Anschlussbeschäftigung kann der Vertrag mit der Transfergesellschaft vorübergehend ruhend gestellt werden. Die individuelle Laufzeit beträgt bis zu 12 Monate. Das Entgelt (Transferkurzarbeitergeld) der Beschäftigten wird vom Unternehmen auf 85 Prozent des Nettoentgelts aufgestockt. Als weiteren materiellen Baustein erhalten alle Beschäftigten eine Wechselprämie von 7.000 €, plus 3.000 € bei Schichtarbeit in die Transfergesellschaft. Zusätzlich gibt es eine sogenannte Sprinterprämie von 1.000 €/Monat bei vorzeitigem oder zeitweisem Ausscheiden aus der Transfergesellschaft.

Von: ek

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