Weitere Warnstreiks im Koblenzer Industriegebiet

06.11.2024 | Vier weitere Betriebe im Koblenzer Industriegebiet legen die Arbeit nieder – für 7% mehr Entgelt und 170 Euro mehr für Auszubildende

Mit wehenden Fahnen und Trillerpfeifen zogen am heutigen Vormittag ein Zug der Beschäftigten von Deloro und Kalzip zu ZF in Koblenz, um an der gemeinsamen Warnstreik-Kundgebung vor den Toren von ZF im Koblenzer Industriegebiet teilzunehmen. Mit beteiligt waren neben den Beschäftigten von ZF, Deloro und Kalzip auch die Beschäftigten von Thales. Neben der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie war das Verhalten des ZF-Konzerns gegenüber den Beschäftigten ein großes Thema. Nur mit einer solidarischen Belegschaft und Rückhalt durch die IG Metall seien Angriffe auf die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen abzuwehren.

„Wir stehen hier, um unserer Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen und nach fairer Bezahlung Ausdruck zu verleihen,“ so Holger Ehmann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und Vertrauensmann der IG Metall bei ZF Koblenz. „Der Automobilbranche geht es gerade nicht gut, aber die Arbeitgeber tun so, als wären die Beschäftigten Schuld an der Krise und Ballast für die Unternehmen. Wir haben doch unsere Arbeit gemacht, sind flexibel und passen uns ständig den neuen Herausforderungen an. Die Beschäftigten sind nicht schuld an den Fehlentscheidungen des Managements. Wenn die Personalpolitik der Arbeitgeber so weitergeht, werden die Betriebe nicht zukunftsfähig aufgestellt, sondern im Gegenteil kaputtgespart,“ so Ehmann weiter. „Statt gemeinsam mit den Beschäftigten Zukunft zu gestalten, wollen die Arbeitgeber den Beschäftigten ans Geld.“

„Wie andere Arbeitgeber auch, ist ZF gerade am Jammern, und will damit auch die Beschäftigten in der Tarifrunde verunsichern,“ bekräftigt Olaf Gensch, Vertrauens­körper­leiter bei ZF in Koblenz, diese Einschätzung. „Die Beteiligung beim Warnstreik zeigt, dass diese Strategie nicht aufgeht. Die Belegschaften werden nicht die Fehler und Versäumnisse des Managements ausbaden. Im Gegenteil: Die Angriffe des Manage­ments auf Arbeitsplätze und Bedingungen zeigen wieder einmal, wie wichtig es ist zusammenzustehen egal, ob es um den Erhalt der Arbeitsplätze oder um ein faires Entgelt geht.“

Die vom ZF Konzern angekündigten Stellenabbaupläne wären für Koblenz völlig abwegig, finde auch Ali Yener, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Koblenz: „Mit einer Transformationsvereinbarung haben wir im Frühjahr 2022 Leitplanken für die Zukunftsfähigkeit formuliert, gemeinsam mit der Geschäftsführung ein Zielbild für den Standort formuliert und betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2026 ausgeschlossen. Unsere Zukunftsvereinbarung ist wegweisend für Arbeitsplatzsicherung in der Industrie.“ Gemeinsam könne man auch in schwierigen Zeiten Lösungen finden, so Ali Yener, sofern der Wille und der gegenseitige Respekt stimme. „Zum gegenseitigen Respekt gehören aber auch faire Entgelterhöhungen. Die Unternehmen haben selbst in Krisenzeiten noch Gewinne gemacht und Dividenden an Anteilseigner ausgeschüttet. Die Beschäftigten dagegen hatten in den letzten Jahren mit immensen Kosten­steigerungen zu kämpfen, die durch die Entgeltentwicklung bisher nicht ausreichend abgefangen werden konnten,“ so Yener weiter. „Kein Wunder, dass die Kolleginnen und Kollegen kein Geld zum Ausgeben haben und unsere Wirtschaft an der schwachen Nachfrage krankt.“

7 Prozent mehr Entgelt und 170 Euro mehr für Auszubildende sei daher keine über­triebene, sondern im Gegenteil eine notwendige Forderung, stimmt auch Dirk Schori, Betriebsratsvorsitzender bei Deloro, zu: „Die Lohnkosten betragen im Durchschnitt nur 16 Prozent der Produktionskosten. Energie- und Materialkosten sind für die Betrieb viel entscheidender. Auch für andere Rahmenbedingungen, die die Arbeitgeber jetzt beklagen, können die Beschäftigten nichts.“ Das Angebot der Arbeitgeber von derzeit 1,7 Prozent mehr Entgelt erst ab 1.7.2025 und weiteren 1,9 Prozent ab 1.7.2026 mit einer Laufzeit von 27 Monaten, lehnt er daher entschieden ab. „Das Sparen können die Arbeitgeber sich sparen. Wir lassen uns in dieser Tarifrunde nicht mit dem mickrigen Angebot der Arbeitgeber abspeisen das nicht einmal die zu erwartende Inflation ausgleicht. Wenn keine zufriedenstellende Einigung erreicht werden kann, gehen wir eben weiter auf die Straße.“

Das bekräftigt auch Jürgen Porz, Betriebsratsvorsitzender bei Thales Koblenz: „Wir erwarten eine ordentliche Entgelterhöhung. Um das zu zeigen, sind auch unsere Kolleginnen und Kollegen mit einer großen Delegation hier auf der Warnstreik-Kundgebung.“

Weitere Warnstreiks folgen heute jeweils um 18:00 Uhr bei der Spätschicht bei Deloro und in der Spätschicht bei ZF Koblenz. In der Nachtschicht legen außerdem die Beschäftigten von ZF Koblenz ab 2:30 Uhr die Arbeit nieder. Am morgigen Donnerstag gehen die Warnstreiks im Westerwald ab 12 Uhr bei der Firma Cohline in Montabaur weiter. Beschäftigte der umliegenden Firmen (z.B. Spie SAG Montabaur, Dea Westfalia Niederahr, Deutz Herschbach) werden sich an der Kundgebung vor Cohline in Montabaur beteiligen. Fast zeitgleich sind im Hunsrück die Beschäftigten der Firma Schottel in Dörth ab 12:30 Uhr zum Warnstreik aufgerufen. Auch hier findet um12:30 Uhr eine Kundgebung vor dem Betrieb statt.

Von: ek

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